HR-Reporting

Interpretation ist das Entscheidende
Worum geht's?

"Die Statistik ist wie eine Laterne im Hafen. Sie dient dem betrunkenen Seemann mehr zum Halt als zur Erleuchtung.“
(Hermann Josef Abs)

Diese kleine Ausarbeitung soll meine Sicht des großen Potenzials an sinnvollen Reports, KPI's und sonstigen Auswertungen bzgl. der Mitarbeiterschaft sowohl für routinemäßige Personalstatistiken als auch für den Aufbau eines HR-Frühwarnsysstems zeigen und natürlich auch hier wieder die Effektivität und Effizienz von In- und Output aus meiner Sicht hervorheben.
Zunächst möchte ich meine sicherlich ungewöhnliche Einteilung von Dimensionen des Reportings allgemein vorstellen, die auch besonders gut aufs HR-Reporting passt und die mir im Hinblick auf die Effektivitäts- und Effizienzbetrachtung sehr hilfreich erscheint.

Mögliche Unterscheidungsmerkmale von HR-Reports
Bitte nicht von den Farben blenden lassen - sie haben noch eine Bedeutung ;-)


1) Unterscheidung nach
der Art und Weise

  • a) Quantitative Auswertungen

    Die meisten Auswertungen, die in ein HR-Reporting einfließen sind quantitativer Art.

    Headcount-Analysen, Personalkostenberechnungen, KPI-Erstellungen usw. zählen z.B. hierzu.

    Man kann hier gemäß der quantitaviven Statistik noch in deskriptive (beschreibende) und induktive (schließende) Auswertungen unterscheiden. Erstere ist sicherlich die vorherrschende und "beschreibt" vorhandene Gegebenheiten, während mit der zweiten von Stichproben mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine Grundgesamtheit geschlossen wird.

    Deskriptive Reports sind meist bei weitem die gebräuchlisten.

    Die relevanten Fragewörter sind z.B. "Wie viel", oder "Wie hoch".

  • b) Qualitative Auswertungen

    Qualitative Auswertungen in HR-Reports sind meistens komplexer als die quantitativen.

    Es geht um das Hinterfragen und Bewerten von betrieblichen Gegebenheiten.

    Beispiele sind z.B. ein Eintritts- oder Austrittsinterview von Mitarbeitern oder auch die Auswertung von offenen Fragen bei einer Mitarbeiterbefragung.

    Relevant sind hier vor allem "Warum-" und "Wozu-"Fragen.



2) Unterscheidung nach
dem Zeitbezug

  • a) Statische Auswertungen

    Bei den statischen Auswertungen wird nur der Status Quo berichtet. Man vergleicht hier Zahlen zwar oft mit Ziel- oder Planwerten, berücksichtigt jedoch nicht die zeitliche Entwicklung einer gemessenen Eigenschaft

  • b) Dynamische Auswertungen

    Dynamische Auswertungen haben die Entwicklung im Zeitablauf im Blick und geben natürlich tiefere Auskünfte als die statischen, können allerdings schnell auch recht komplex werden.



3) Unterscheidung nach
dem Zweck

  • a) Explorative Auswertungen

    Unter explorativen Auswertungen verstehen ich Auswertungen, die  erstellt werden, ohne dass irgendeine Grundannahme bzgl. der Daten besteht. Darunter fällt in der Regel die gesamte gängige Personalstatistik samt Ermittlung von KPI's.

    Die  Ergebnisse sowie deren Interpretation können mögliche Sachverhalte (evtl. Missstände oder Besonderheiten aufdecken, die seitens des Mangements entweder intensiver zu untersuchen sind oder die gleich  Maßnahmen erforderlich machen.

  • b) Hypothesen-gestützte Auswertungen

    Bei diesen Auswertungen handelt es sich streng genommen um Überprüfungen, ob sich vermutete Zusammenhänge in der Mitarbeiterschaft mit Zahlen oder Aussagen belegen lassen. 

    Liefert z.B. die Standardauswertung von Fehlzeiten Indizien, dass in einem Team etwas zwischenmenschlich nicht stimmt, kann man Hypothesen bilden und diese dann quantitativ und qualitativ zu prüfen.




4) Unterscheidung nach
dem Grund

  • a) Routine-Auswertungen

    Es gibt eine Reihe Zahlen und Reports, die (auch abhängig von der Gesellschaftsform) regelmäßig an unterschiedliche Empfänger geliefert werden müssen. Darunter fallen Meldungen an statistische Ämter oder Zahlen für Jahresabschluss und Lagebericht oder auch diverse Auswertungen für Aufsichtsrat oder Betriebsrat, um nur einige zu nennen.

    Diese würde ich als Pflicht-Auswertungen bezeichnen.

  • b) Sonder-Auswertungen

    Darunter würde ich alle Auswertungen verstehen, 

    die situativ benötigt werden und nicht im regelmäßigen Standardprogramm sind und 

    die sich nicht in einem "Pflichtkatalog" von zu liefernden Zahlen befinden.

    Meistens sind es solche von denen man sich HR-intern einen gewissen speziellen Informations-Nutzen verspricht.

    Z.B. die Quote der Eigenkündigungen innerhalb der Probezeit, oder die Summe der MAK bestimmter Funktionen in 5 Jahren....

    Die Grenze zwischen "Routine"und "Nicht-Routine" verläuft natürlich nicht immer scharf.

Es gibt sicherlich auch andere Möglichkeiten, eine Struktur in den "Strauß" der potenziellen HR-Auswertungen zu bringen, die genannten vier Dimensionen (für Lateiner: modal, temporal, final und kausal ;-)) erscheinen mir jedenfalls ziemlich zweckdienlich, z.B. gerade auch um neue Ideen zur Errichtung von Frühwarnsystemen in personalrelevanten Themen zu generieren.
Anhand meiner Einteilung möchte ich gerne zu einem Gedankenspiel und einer Eigenbetrachtung der Reporting-Gepflogenheiten Ihres Unternehmens einladen, das folgende plakative Frage im Fokus hat:

Ist das noch Personalstatistik oder schon HR-Controlling?
Wenn wir im System der vier obigen Kategorien bleiben und alle möglichen Kombinationen aufzählen, kommen wir rechnerisch auf 16 Auswertungs-Typen.Da man zwischen Routine- und Sonder-Auswertungen nicht allgemein sondern nur innerhalb eines Unternehmens unterscheiden kann, bleiben für die ersten drei Kategorien 8 Möglichkeiten:
Eine interessante oder sogar spannende Frage ist nun vielleicht, welche Auswertungstypen in Ihrem Unternehmen oder in Unternehmen, die Sie kennen, vorherrschend sind und welche überhaupt nicht verwendet werden.
Die Antwort hat Relevanz zur Beurteilung der Tiefe der HR-Controlling-Prozesse.
Neben Abweichungs- und Benchmarkanalysen (die ich aufwandsmäßig nicht übertreiben würde) sehe ich den Hauptnutzen vom HR-Reporting für das Controlling in der Etablierung von Frühwarnsystemen.
Frühwarnung ist ziemlich wichtig...
Der Nutzen von Frühwarnsystemen, Frühwarnindikatoren, Frühwarninstanzen, wie auch immer man es nennen möchte, sind unbestreitbar.
Angelehnt ans Gabler Wirtschaftslexikon sehe ich den Sinn einer betrieblichen Frühwarnung in der Möglichkeit, Informationen zu erhalten, die bereits vorhandene Gefährdungen mit zeitlichem Vorlauf vor deren Eintritt signalisieren.
Dies gilt natürlich für alle Bereiche eines Unternehmens.
Ein Beispiel aus der IT wäre, wenn man frühzeitig der Gefahr vorbeugen will, veraltete Software zu besitzen oder Software zu nutzen, deren Support bald abläuft.
In Unternehmen mit finanzintensiven Betätigungsfeld ist es z.B. wichtig, rechtzeitig zu bemerken, wenn die Gefahr von zukünftigen Liquiditätsengpässen besteht.
Um solche und andere Schwierigkeiten möglichst früh zu erkennen, sollte man im Berichtswesen Indikatoren entwickeln, die frühzeitig Hinweise geben, die man dann gezielt untersuchen kann.

Besonders interessant, gerade in Branchen, in denen die Ressource Mensch die größte Rolle spielt, sind natürlich Strukturen und Prozesse der Frühwarnung im Personalbereich.

Gezieltes HR-Reporting als Frühwarninstrument bzgl. der wichtigsten Ressource
Die Auswertungstypen I und II in der obigen Grafik sind die klassischen Varianten, die gewöhnlich in Personalstatistiken genutzt werden. Sie umfassen absolute Zahlen, Beziehungszahlen, KPI's, kurz alles was man per einfacher Auswertung berechnen und darstellen kann.
Natürlich gehören diese standard- und regelmäßigen Personalstatistiken zwingend zum Betätigungsfeld des HR-Controllings.
Zur Gestaltung eines HR-Frühwarnsystems oder besser zur Entwicklung des HR-Controlling zur Frühwarninstanz muss man das allerdings noch ein bisschen erweitern. Mir gefällt der Begriff Frühwarninstanz viel besser als Frühwarnsystem, weil letzteres implizieren könnte, dass ein vollautomatischer Warnprozess abläuft und eine individuelle, persönliche, qualifizierte Einordnung und Einschätzung der Situation obsolet macht.
Es gibt zahlreiche Beispiele für personalwirtschaftliche Situationen, in denen geschicktes Reporting sowie dessen Analyse und Interpretation helfen kann, zukünftige Gefahren rechtzeitig zu erkennen.

Eine Unterscheidung, die in betriebswirtschaftlichen Fragen oft vorgenommen wird, ist die operative und die strategische Ebene.
Auch bei der Einrichtung von Frühwarnfunktionen kann diese Einteilung von praktischem Nutzen bei der Strukturierung und Einordnung von möglichen Problemen sein.
Eine Einteilung, die mir aber noch zweckmäßiger für das Aufbauen und das Betreiben von Frühwarnfunktionen im Personalbereich erscheint, möchte ich im Folgenden mit ein paar wenigen Beispielen vorstellen.

Ebenen der HR-Frühwarnung und ihre Unterstützung durch sinnvolles Reporting


Frühwarnung auf personeller Ebene
  • Bedeutung

    Manchen Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen kommt durch Eigenschaften, die in ihrer Person liegen (z.B. besondere Fähigkeiten, Persönlichkeit, Spezialwissen usw.) eine Art Schlüsselrolle zu, deren kurzfristiger Wegfall dem Unternehmen Probleme bereiten könnten.

    Ganz allgemein ist natürlich die Demographie im Unternehmen stets im Auge zu behalten.

  • Vorschläge zum Reporting

    Man könnte diese Personen nach sorgfältiger Identifizierung im Personalinformationssystem z.B. als Schlüsselperson kennzeichnen und regelmäßig auf Austrittsgefahren (oder altersmäßige Austrittszeitpunkte) untersuchen und dadurch evtl. rechtzeitig Chancen zum Handeln offenhalten.



Frühwarnung auf funktioneller Ebene
  • Bedeutung

    Ähnlich den Schlüsselpersonen gibt es in den meisten Unternehmen eine Reihe von Schlüsselfunktionen oder -positionen, die immer in ausreichendem Maße mit Inhabern der entsprechenden Qualifikationen besetzt sein sollten.

  • Vorschläge zum Reporting

    Auch hier müssen natürlich demographische Entwicklungen im Auge behalten werden und ggf. auch Schlüsselfunktionen (z.B. auf Planstellenebene) klassifiziert werden, die auf möglich oder feststehende Fluktuation und deren Ursachen untersucht werden.



Frühwarnung auf Prozessebene
  • Bedeutung

    Prozesse sind die Abläufe in Unternehmen, 

    oder allgemein ausgedrückt Vorgänge, die in einer bestimmten Zeit ablaufen, bei denen etwas entsteht oder geschieht.

    Der Zeitaspekt spielt zur Beurteilung der Qualität und Effizienz der Prozesse dabei eine große Rolle.

    Im Personalbereich gibt es einige wichtige Prozesse, die man im Auge behalten sollte, um rechtzeitig Missstände zu erkennen, z.B. die Dauer einer Stellenbesetzung, Qualität von Weiterbildungsmaßnahmen, variabler Vergütungsprozess, um nur einige wenige zu nennen.

  • Vorschläge zum Reporting

    Klassischerweise kann man den Zeitraum messen, den gewisse Prozesse benötigen und kontrollieren, ob er sich im Laufe der Zeit verändert, oder ob man auch überhaupt mit dem Zeitbedarf zufrieden ist.

    Bei Weiterbildungs- und Entwicklungsprozessen ist es ein bisschen komplexer, da helfen eher qualitative Methoden, um strukturelle Missstände zu bemerken.



Frühwarnung auf Kostenebene
  • Bedeutung

    Hier würde ich die typische Abweichungsanalyse von Istkosten zu Plan- und Vorjahreskosten oder auch die Tendenz von Einstellungsgehältern, Besetzungskosten, Systemkosten usw. sehen.

  • Vorschläge zum Reporting

    Zur Kontrolle der laufenden Lohn- oder Gehaltskosten samt Nebenkosten, sollte man jederzeit in der Lage sein Forecast mit unterschiedlichen Parametern zu erstellen und diesen dann mit der Personalkostenplanung bzw. den Vorjahren zu vergleichen (zur PKP siehe auch hier).

    Ebenso solllte die Entwicklung bestimmter Kostenarten (z.B. Stellenbesetzungskosten, Systemkosten usw.) durch Analyse qualitativ vergleichbarer Sachverhalte im Auge behalten werden.

Das war natürlich nur ein kurzer Abriss meiner Gedanken zu möglichen Funktionen der Frühwarnung, deren Diskussion und Einführung (in welcher Art auch immer) ich in allen Unternehmen, bei der die Ressource Mensch eine große Rolle spielt, für sinnvoll halte.

Es gibt noch viele weitere Aspekte, die bei der Beschäftigung mit dem Thema unternehmensindividuell ans Licht kommen und wertvolle Hinweise für kluges Nutzen der HR-Reportingfunktion geben können.

Ein diesbezügliches Konzept, in dem ausführlich alle Seiten beleuchtet und auch von den relevanten Gremien eines Unternehmens akzeptiert werden, hätte in mehrerer Hinsicht Nutzen für die Personalarbeit und das Management und nicht nur der späteren praktischen Informationshilfen wegen, sondern auch durch den Weg, den man bis zu diesem Ziel gehen muss, da hier viel Bestandsaufnahme der Personalprozesse und -systeme und außerdem abteilungsübergreifende Kommunikation vonnöten ist.

Letztendlich sollte eine strukturierte Liste mit identifizierten "Problemfeldern" sowie der Zuordnung von verschiedenen Größen, KPI's, Auswertungsmethoden usw. entstehen, die für die jeweilige Fragen als zweckdienlich angesehen werden.

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen Bedarf für eine Auffrischung des HR-Reportings ohne allzu großen Ressourcenaufwand haben und Ihnen meine Ausführungen gefallen und schlüssig erscheinen, bin ich sehr gerne bei der Gedankenfindung, der Konzeption, der systemischen Implementierung von Frühwarnfunktionen oder auch bei der generellen Gestaltung eines effizienten HR-Reportings behilflich.